In vielen Unternehmen ist der Einsatz von Freiberuflern heute gängige Praxis. Die Vorteile des Einsatzes von Fremdpersonal liegen auf der Hand: Einkauf von Spezialisten, Abdeckung von Auftragsspitzen und mehr Flexibilität – all dies ohne Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Auftraggeber und den Mitarbeitern – sind nur einige Vorteile. Doch die Nutzung externer Dienstleister birgt – zum Teil extreme – Risiken und kann schnell zum Dealbreaker werden, wenn das bettreffende Unternehmen verkauft werden soll.

Nicht selten wird beispielsweise ein externer IT-Experte, gerade während einer längerfristigen Zusammenarbeit, wie ein eigener Arbeitnehmer des Auftraggebers behandelt. Gleiches gilt natürlich auch in anderen Bereichen wie z. B. bei Finance-, Forschung- und Entwicklungs-Experten. Gerade bei Dienstleistungsunternehmen gehören Freiberufler in Projekten beim Kunden eher zur Regel denn zur Ausnahme. Beim Unternehmensverkauf können Unternehmen die in größerem Umfang auf Freiberufler zurückgreifen jedoch schnell für potentielle Käufer unattraktiv werden, auch wenn Profitabilität, Wachstum und Skalierbarkeit gut sind und somit eigentlich die Basis für einen guten Kaufpreis gelegt sein sollte. Dies liegt am hohen finanziellen Risiko, sofern sich der Einsatz von Freiberuflern bei einer behördlichen Prüfung als nicht gesetzeskonform herausstellen sollte. Da kann es schnell zu millionenschweren Nachzahlungen von Sozialversicherungsabgaben und Steuern kommen, wenn der vermeintliche Freiberufler nach genauer Prüfung tatsächlich ein versicherungspflichtiger Angestellter und damit ein s. g. ‚Scheinselbständiger‘ sein sollte.

Welche finanziellen Risiken können beim (falschen) Einsatz von Freiberuflern entstehen?

Das Dienstleistungsunternehmen, welches den (vermeintlichen) Freiberufler eingesetzt hat, ist in einem solchen Fall verpflichtet Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseitig Sozialversicherungsbeiträge und ggf. sogar nicht korrekt abgeführte Lohnsteuer zu entrichten. Wenn gut bezahlte Freiberufler mit Expertenskill eingesetzt werden, können diese schnell EUR. 10.000 und mehr im Monat verdienen. Wenn dann lange Projekteinsätze, z. B. über 1 Jahr hinweg erfolgen, wird im Falle einer festgestellten Scheinselbständigkeit das Entgeld des vermeintlichen Freiberuflers als Arbeitslohn gewertet. In diesem Fall ist dann der Verdienst des Freiberuflers als Arbeitslohn anzusetzen. Das sind dann in vorgenanntem Beispiel EUR. 120.000 im Jahr. Wenn man nur von 10 Prozent dieser Summe als nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern ausgeht, sprechen wir schon von EUR. 12.000 bei einem einzigen (vermeintlichen) Freiberufler. Bei nur 100 (vermeintlichen) Freiberuflern wären schon EUR. 1,2 Mio. Nachzahlung fällig. Bei 1.000 (vermeintlichen) Freiberuflern EUR. 12 Mio.. Das Risiko ist also immens!

Was sollte in jedem Fall vermieden werden?

Besonders problematisch wird es, wenn sogar Anhaltspunkte für den Verdacht einer Art ‚Verschleierungstaktik‘ seitens des Unternehmens vorhanden sind. Dann kommen die zuständigen Behörden regelmäßig zum Schluss, dass ganz bewusst – und nicht etwa nur vereinzelt und aus Unachtsamkeit – Freiberufler in Projekten eingesetzt werden, in denen eigentlich nur Festangestellte beschäftigt werden dürften. Der sich aus Behördensicht daraus ergebende Verdacht ist dann naheliegend: Das Unternehmen will Sozialabgaben sparen und dadurch den Gewinn steigern! Eine solche Verschleierungstaktik ruft oft verstärkte – über den normalen Umfang hinausgehende – Prüfungshandlungen der zuständigen Behörden hervor, die dann nicht selten auch einiges zu Tage fördern können, was im Rahmen der üblichen Routineprüfungen verborgen geblieben wäre. Anhaltspunkte für mögliche ‚Verschleierungstaktiken‘ können u. a. (Schein-) Werkverträge (die gemäß § 134 BGB übrigens nichtig wären) in Bereichen sein, an denen ganz offensichtlich Zeit und nicht Ergebnis bezogene Dienstleistungen erbracht werden oder Compliance Systeme, die in der Prüfung von Vorgängen ganz bewusst bestimmte Segmente ausklammern um möglichst wenig Fälle zu Tage zu fördern. Solche Handlungen können dann von Behörden schnell als Vorsatz gewertet werden. Die Rechtsfolge besteht darin, dass sich die Verjährungsfrist für möglicherweise nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge und Steuern von 4 Jahren im Falle von Fahrlässigkeit auf 30 Jahren wegen Vorsatz verlängert. Somit werden auch Projekteinsätze von Freiberuflern relevant, die schon viele Jahre zurückliegen. Die im Rechenbeispiel zuvor genannten 1.000 Freiberufler die dann nach Prüfung als versicherungspflichtige Angestellte gewertet werden könnten, kommen aufgrund des langen Betrachtungszeitraums so selbst bei Firmen zustande, die nicht übermäßig stark mit Freiberuflern arbeiten.

Einmal begangene Fehler sind nicht zu reparieren!

Besonders prekär: Selbst wenn das Unternehmen selbständig den Einsatz von Freiberuflern in bestimmten Projekten beendet, da es nach eigener Prüfung der Situation zum Schluss gekommen ist, dass diese Freiberufler Scheinselbständig sein könnten, ändert dies nichts an der Haftungssituation! Sofern durch eine Prüfung festgestellt wird, dass es sich nicht um einen Freiberufler sondern um einen versicherungspflichtigen, abhängig beschäftigten Angestellten handelt, müssen für diesen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseitig Sozialabgaben nachgezahlt und ggf. nicht abgeführte Lohnsteuer entrichtet werden. Einmal begangene Fehler sind daher schlicht nicht reparabel. Und das gilt im Falle von Vorsatz für Fehler der letzten 30 Jahre! Strafzahlungen kommen dann noch hinzu.

Persönliche Konsequenzen für die handelnden Personen

Für die handelnden Mitarbeiter und Organe der Gesellschaft – in der Regel die Geschäftsführer und die Mitarbeiter der Rechtsabteilung – kann ein Fall von nachgewiesenem Sozialversicherungsbetrug darüber hinaus weitreichende strafrechtliche Konsequenzen haben. Bei Schäden von mehr als EUR. 500.000 drohen sogar sofortige Freiheitsstrafen ohne Bewährung.

Guter Rat ist nicht zwingend teuer, aber absolut notwendig

Jeder Unternehmer sollte sich daher intensiv mit dem Thema ‚rechtssicherer Einsatz von Freiberuflern‘ auseinandersetzen, wenn er Freiberufler beschäftigt oder beschäftigen will. Um es klar zu sagen: Der Einsatz von Freiberuflern ist natürlich nicht per se gesetzeswidrig. Es ist jedoch ein sensibles Thema und das muss richtig ausgestaltet sein und der Einsatz von Freiberuflern ist nicht in allen Konstellationen möglich! Es muss davor abgeraten werden, das Thema durch die üblichen ‚Haus- und Hof-Anwälte‘ des Unternehmens betreuen zu lassen. Oftmals wird der Fehler gemacht die Arbeitsrechtskanzlei zu beauftragen, mit der man schon seit langem zusammenarbeitet, weil das Thema im ersten Anschein Arbeitsrechtsnah ist. Das Thema ‚richtiger Einsatz von Freiberuflern‘ ist jedoch ein hochspezielles Thema und sollte daher nur von darauf spezialisierten Anwälten mit langjähriger praktischer Erfahrung in diesem Bereich ausgestaltet werden.

Unternehmensverkauf bei Unternehmen mit Freiberuflern

Insbesondere für einen erfolgreichen Unternehmensverkauf ist es daher nahezu unabdingbar, dass der Einsatz von Freiberuflern mindestens in den letzen 4 Jahren, besser in den letzten 30 Jahren gesetzeskonform stattgefunden hat. Die schlechte Nachricht ist: Wenn dem nicht so war, gibt es keine Möglichkeit den Schaden zu reparieren. In diesem Fall muss mit Kaufpreisabschlägen gerechnet werden. Bei einem Unternehmensverkauf ist daher es sehr wichtig, den Aspekt ‚Einsatz von Freiberuflern im Unternehmen‘ zu beleuchten um eine entsprechende Strategie festlegen zu können. Auch wenn sich herausstellen sollte, dass in der Vergangenheit nicht alles ideal gehandhabt wurde, ist es immer noch besser, dass Thema im Vorfeld zu durchdenken und eine entsprechende Verkaufsstrategie zu entwickeln, anstatt ‚blind‘ in den Verkaufsprozess zu gehen und dann unangenehm überrascht zu werden. Denn auch in Bezug auf dieses Thema gilt – wie in jedem Verkaufsprozess – das negative Überraschungen nach Möglichkeit zu vermeiden sind. Diese werden schnell zum Dealbreaker. Wenn sie solche Dimensionen haben, wie das Thema ‚Freiberufler‘ dann ist die ‚Dealbreaker‘-Gefahr sehr hoch.

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About the Author: 

Ansgar M. Nagel ist Investor und Unternehmerberater.
Als Unternehmerberater engagiert er sich als Partner von Unternehmern und Unternehmen bei der erfolgreichen Umsetzung von Unternehmensverkäufen. Darüber hinaus begleitet er bei Optimierungen im Bereich Vertrieb, Personal und Ökonomie.
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